27.09.2008: Der Optionen-Investor – Heißmann`s Börsenkommentar

+++  700-Milliarden-$-Rettungspaket für US-Banken noch nicht verabschiedet  +++  Die Indizes sind angeschlagen – aber charttechnisch unterstützt  +++  Hoher Wert des V-DAX zeigt: Die Anleger sind stark verunsichert  +++  Puts im Depot bringen Ihnen Sicherheit und Gewinne, wenn die Börsen stark fallen  +++

Weiterer Dominostein gefallen: Größte Sparkasse der USA zusammengebrochen

In den USA wurde gerade über das Rettungspaket für die Banken verhandelt, da erreichte die Finanzkrise einen neuen Höhepunkt. Die größte Sparkasse der USA, die Washington Mutual, wurde insolvent. Im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht wurde sie von den Behörden an den Bankriesen JP Morgan Chase zwangsverkauft. Damit erlebte die US-Geschichte ihre größte Bankenpleite. Immerhin, der Verkauf an J.P. Morgan hat keine negativen Auswirkungen für die Kunden der Washington Mutual.
Damit fiel ein weiterer Dominostein. Zur Erinnerung: Die traditionelle Investmentbank Lehman Brothers meldete Teilinsolvenz an. Sie wird zerschlagen. Merrill Lynch konnte sich in die Arme der Bank of America retten. AIG, der weltgrößte Versicherer, wurde nur durch staatliche Hilfe vor der Insolvenz bewahrt. Auch hier steht eine Zerschlagung an. Darüber hinaus sind in diesem Jahr bereits ein Dutzend kleinerer und mittelgroßer Banken zusammengebrochen. In Deutschland wurde die IKB durch Steuergelder vor dem Aus bewahrt. Die KFW versenkte einige Hundert Millionen im US-Bankensumpf. Einige Landesbanken (Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, WestLB) wankten oder fusionierten.
Diese Notübernahme der Washington Mutual zeigt, dass die Kreditkrise noch nicht ausgestanden ist. Die US-Politik muss schnellstens eingreifen, um zu verhindern, dass es zu einem unkontrollierten Fall vieler weiterer Dominosteine kommt.

700-Milliarden-$-Rettungspaket für US-Banken noch nicht verabschiedet

Um das 700 Milliarden $ schwere Rettungspaket für Amerikas Finanzbranche wird im US-Abgeordnetenhaus weiter gerungen. Jetzt wird uns gesagt, dass dieses Paket noch vor der Börseneröffnung am kommenden Montag so geschnürt sein soll, dass es verabschiedet werden kann. Wir werden sehen. – Das sind etwa dieselben Worte, die wir auch am vergangenen Wochenende (20./21.09.2008) gehört haben. Der US-Finanzminister Henry Paulson hatte dieses Rettungspaket für das angeschlagene US-Bankensystem eingefädelt. Ausgerechnet seine „republikanischen Parteifreunde“ stellen sich derzeit quer.


Die Indizes sind angeschlagen – aber charttechnisch unterstützt

Weltweit leiden die Börsen unter der Hängepartie des US-Rettungspaketes. Da halfen selbst die von der Uni Michigan ermittelten überraschend positiven Daten zur US-Verbraucherstimmung nur sehr begrenzt. Immerhin sehen die US-Verbraucher optimistisch nach vorne. Gleichzeitig verbuchte der deutsche Ifo-Geschäftsklima-Index aber den 4. Rückschlag in Folge. Der Index fiel von 94,8 Punkten im Vormonat auf 92,9 Punkte.
Die Folgen der unsicheren Börsenlage: Auf Basis der Wochenschlusskurse der Börse Frankfurt, freitags, 20 Uhr,  hat der DAX an diesem Wochenende ein neues Jahrestief markiert. Die Charttechnik für sich alleine genommen prognostiziert also weitere Kursverluste
Die Indizes DAX und Dow Jones notieren aber knapp oberhalb ihrer psychologischen Tausendermarken. Wochenschlusskurs des DAX: 6.063 Punkte. Schlusskurs des Dow Jones: 11.143 Punkte. Vor diesem Hintergrund bewerte ich die charttechnische Aussage als Warnsignal derzeit nicht als gegebenes Trendsignal.

Hoher Wert des V-DAX zeigt: Die Anleger sind stark verunsichert

Der Volatilitätsindex V-DAX misst die von den Anlegern im DAX erwartete Schwankungsbreite für die nächsten Wochen. Er wird deshalb auch gerne Angstbarometer genannt. Alle Werte unter 20% prognostizieren einen ruhigen Börsenverlauf mit typischerweise steigenden Kursen. Werte zwischen 20% und 30% weisen auf eine zunehmende Unsicherheit bis hin zur „Angst“ hin. Werte oberhalb von 30% bewerte ich kritisch. Der V-DAX notiert an diesem Wochenende mit 30,30%. Das ist auf Basis der Wochenschlussnotierungen der höchste Wert seit dem 26.09.2003. Damals notierte der V-DAX mit 30,76%. Das war der Zeitraum, als sich der Börsencrash der Jahre 2001 bis 2003 seinem Ende näherte. Zur Einordnung: Innerhalb des Crashs notierte der V-DAX zwischenzeitlich gut doppelt so hoch. Auf eine akute Crash-Gefahr weist der V-DAX derzeit also nicht hin.

Puts im Depot bringen Ihnen Sicherheit und Gewinne, wenn die Börsen stark fallen

An diesem Wochenende wird in den USA weiter um das Rettungspaket gerungen. Der Donnerstag und Freitag der Vorwoche haben gezeigt, welche positive Auswirkung ein als realistisch eingeschätzter Plan haben kann. Die Indizes DAX und Dow Jones schossen am 18./19.09.2008 um mehrere hundert Punkte nach oben. Die ausklingende Woche zeigt aber auch, dass die Kursgewinne schnell verpuffen, wenn die Börsianer die nachhaltige Wirkung des Rettungsplans bezweifeln.
Am vergangenen Wochenende schrieb ich an dieser Stelle: „Am Markt herrscht nun die Hoffnung, dass dies der endgültige Befreiungsschlag ist. Aber mein dringender Rat. Bleiben Sie vorsichtig. Die Krise ist noch nicht vorbei. Derzeit liegt ja das Ergebnis der US-Beratungen zum angekündigten Rettungspaket noch nicht vor, beziehungsweise es wird mindestens heute und morgen noch um dieses Rettungspaket verhandelt.“
Diese Aussage hat heute, eine Woche später, unverändert Bestand. Die Aktienmärkte stehen weiterhin von kräftigen Turbulenzen. Der hohe Wert des V-DAX zeigt, es kann einen deutlichen Abwärtsschub geben. Wird in den USA aber ein tragfähiges Rettungspaket ganz konkret so auf den Weg gebracht und umgesetzt, kann das der „große Befreiungsschlag“ sein.

Vor diesem Hintergrund gebe ich Ihnen drei Empfehlungen:

1. Halten Sie sich aus diesem kurzfristig unüberschaubaren Markt raus. Handeln Sie möglichst nicht.

2. Calls und Puts in Ihrem Depot sind weiterhin ein Muss. Denn nur dann profitieren Sie, wenn es durch den Befreiungsschlag zur Kursexplosion kommt, aber auch, wenn die Börsen deutlich nachgeben oder wenn es sogar zu einem (von mir nicht erwarteten) Crash kommt.
3. Ganz Wichtig: Verkaufen Sie weiterhin keinen Put.
Der (kalendarische) Sommer ist weg, der (reale) Sommer ist da.
Ich wünsche Ihnen ein sonniges Wochenende
Ihr
Rainer Heißmann
Chefredakteur
Optionen-Profi und „Option Advisor Deutschland