„Teure“ Optionen oft besser als „billige“ Optionen

Vor wenigen Tagen war ein Gewinn von +20,6% das erfreuliche Ergebnis unseres kurzfristigen Trades im Optionen-Profi mit Call Optionen auf die Nasdaq. Das alleine hat aber kaum Aussagekraft. Denn +20,6% von 0,50 USD sind gerade mal 0,10 USD, während +20,6% von 4,66 USD satte 0,96 USD, also fast das Zehnfache, sind.

Die „teure“ Call Option im Optionen-Profi

Im Optionen-Profi haben wir einen Call auf die Nasdaq mit dieser Ausstattung gekauft: PowerShares QQQ (QQQQ) – Call – Jan.12 – 50 USD. Er kostete 4,66 USD, also 466 USD je Kontrakt mit 100 Call Optionen. Der Gewinn lag also bei 96 USD je Kontrakt (+20,6% vom Kaufpreis von 466 USD).

Die Alternative: Eine „billige“ Call Option

Im selben Zeitraum hat ein anderer Call auf die Nasdaq +80% Gewinn erzielt. Dieser hat diese Ausstattung: PowerShares QQQ (QQQQ) – Call – Jun.10 – 51 USD. Er kostete 0,50 USD, also 50 USD je Kontrakt mit 100 Call Optionen. Dieser Call ist von 50 USD auf 90 USD je Kontrakt gestiegen. Stolze +80% und doch „nur“ 40 USD je Kontrakt.

Der Unterschied zwischen „billigen“ und „teuren“ Call Optionen

Der Kaufpreis hängt direkt vom Basispreis und der Laufzeit der Call Option ab. Da die Call Option mit der Laufzeit Juni 2010 und dem höheren Basispreis viel billiger als die andere Call Option mit der Laufzeit Januar 2012 und dem etwas niedrigeren Basispreis ist, untersuche ich diese beiden Komponenten.

Definition der Call Optionen

Allgemein: Ein Call gibt Ihnen das Recht, den Basiswert zum Basispreis während der Laufzeit des Calls zu erwerben. Das bedeutet konkret für die beiden vorgestellten Calls:

Die „billige“ Call Option: Diese gibt Ihnen das Recht, die PowerShares bis Juni 2010 zum Kurs von 51 USD zu kaufen, unabhängig davon, wie teuer sie wirklich sind.

Die „teure“ Call Option:
Diese gibt Ihnen das Recht, die PowerShares bis Januar 2012 zum Kurs von 50 USD zu kaufen, unabhängig davon, wie teuer sie wirklich sind.

Gewinn-Chancen der beiden Call Optionen im Vergleich

1. Die „billige“ Call Option

Die PowerShares kosten knapp 50 USD je Anteil. Bei dem „billigen“ Call haben Sie bis Juni 2010, also nur 2 Monate, das Recht, diese zum Kurs von 51 USD zu kaufen. Damit dieses Recht am Ende der Laufzeit der Call Option etwas wert ist, muss der Kurs auf mehr als 51 USD steigen. Sonst könnten Sie diese Anteile ja billiger an der Börse kaufen. Diese Kurssteigerung ist natürlich möglich. Aber jeder kurze Kursrücksetzer verringert die Wahrscheinlichkeit, dass es gelingt.

Der Preis der Call Option entwickelt sich danach, für wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich die Marktteilnehmer es erachten, dass die PowerShares bis Juni 2010 noch auf über 51 USD steigen. Die Call Option kostete 0,50 USD.

Der Preis zeigt: Die Marktteilnehmer sind nur bereit, „etwas Spielgeld“ in diese Call Option zu investieren. Zocken halt. Geht’s gut, ein schöner prozentualer Gewinn, geht’s daneben, hat’s nicht wehgetan (bei nur wenig gekauften Kontrakten!).

Notieren die PowerShares beispielsweise Anfang Juni 2010 immer noch mit knapp 50 USD, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bis zum Verfallstags (18. Juni 2010) auf mehr als 51 USD steigen, ziemlich gering. Die Call Option wird dann voraussichtlich für maximal 0,15 USD gehandelt. Ein Totalverlust deutet sich an.

Diese Call Option benötigt also nach ihrem Kauf eine schnelle und deutliche Bewegung aufwärts, um in den Gewinn zu laufen.

2. Die „teure“ Call Option

Die PowerShares kosten knapp 50 USD. Bei dem „teuren“ Call haben Sie bis Januar 2012, also noch 21 Monate, das Recht, diese zum Kurs von 50 USD zu kaufen. Damit dieses Recht am Ende der Laufzeit der Call Option etwas wert ist, muss der Kurs auf mehr als 50 USD steigen. Sonst könnten Sie diese ja billiger an der Börse kaufen. Der Kurs muss sich also innerhalb von 21 Monaten nur um ein Stück über 50 USD bewegen, damit diese Calls in den Gewinn laufen. (Am Verfallstag, am dritten Freitag im Januar 2012, müssten die PowerShares bei 55 USD oder höher notieren, damit der Verkaufspreis abzüglich des Kaufpreises einen Gewinn ausweist.)

Bedenken Sie dabei, dass die Indizes in den letzten 14 Monaten um 60% bis 70% gestiegen sind. Die Annahme, dass die PowerShares innerhalb von 21 Monaten weiter steigen, hat eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit.

Der Preis der Call Option bis dahin entwickelt sich danach, für wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich die Marktteilnehmer es erachten, dass die PowerShares bis Januar 2012 noch auf über 50 USD steigen. Diese Call Option kostete uns 4,66 USD.

Der Preis zeigt: Die Marktteilnehmer geben dieser Kursentwicklung eine große Chance. Sie sind bereit, „richtig Geld“ zu investieren. Selbst wenn die PowerShares beispielsweise im Frühjahr 2011 immer noch mit rund 50 USD notieren, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bis Januar 2012 auf mehr als 50 USD steigen, sehr hoch. Der Call würde im Frühjahr 2011 zwar keine 4,66 USD mehr kosten. Aber er würde voraussichtlich zum Kurs von 3,00 USD gehandelt. Er hätte weiterhin einen relativ hohen Preis, weil die Gewinnaussichten immer noch hervorragend wären.

Risiken der beiden Call Optionen im Vergleich

1. Die „billige“ Call Option

Die Wahrscheinlichkeit, dass die PowerShares bis Juni 2010 auf 50 USD und mehr steigen, ist gegeben. Das birgt aber ein hohes Risiko. Eine schlechte Nachricht, wie die von der Anklage gegen Goldman Sachs, kann schnell dazu führen, dass dieses Kursziel innerhalb der sehr kurzen Zeit nicht mehr erreicht wird. Deshalb wird dieser Call auch sehr schnell weniger wert. Selbst wenn die PowerShares beispielsweise Anfang Juni 2010 immer noch bei knapp 50 USD notieren, wird der Call deutliche Verluste aufweisen. Die zu kurze Laufzeit erweist sich als Nachteil, obwohl die grundsätzliche Markteinschätzung vielleicht richtig war.

2. Die „teure“ Call Option

Auch dieser Call hat ein Verlustrisiko. Das Risiko liegt darin, dass sich die PowerShares abwärts bewegen beziehungsweise sehr lange nicht über 50 USD klettern. Diese Call Option hat aber eine sehr lange Laufzeit. Hier lassen sich kurze Marktrücksetzer ganz einfach „aussitzen“. Und selbst wenn die PowerShares im Frühjahr 2011 bei „nur“ 45 USD stehen, wird diese Call Option immer noch einen hohen Wert haben. Denn die dann immer noch lange Laufzeit beinhaltet weiterhin hohe Gewinnchancen.

Für Put Optionen gelten vergleichbare Bedingungen

Die Überlegungen zu den konkreten „billigen“ und „teuren“ Call Optionen zu den PowerShares können Sie auf alle Calls übertragen. Im Umkehrschluss gilt das auch für alle Put Optionen. Dort lautet die Frage: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Basiswert bis zum Ende der Laufzeit der Puts unter den Basispreis der Puts fällt? Je höher diese Wahrscheinlichkeit ist, desto höher sind die Gewinnchancen, der Put ist „teuer“. Je niedriger diese Wahrscheinlichkeit ist, desto niedriger ist die Gewinnchance, der Put ist „billig“.

Auf den Punkt gebracht:

+ 80% Gewinn einer 0,50-USD-Option sind 0,40 USD beziehungsweise 40 USD je Kontrakt.

+ 20,6% Gewinn einer 4,66-USD-Option sind 0,96 USD beziehungsweise 96 USD je Kontrakt. Dieses war der realisierte Gewinn je Kontrakt im Optionen-Profi.

Fazit: Was nützen Ihnen also mögliche schnelle + 80% Gewinn, wenn das nur 40 USD sind? Wenn Sie mit solchen Optionen wirklich Geld verdienen wollen, müssen Sie eine größere Anzahl Kontrakte kaufen. Und dafür ist das Risiko zu hoch.

Mein Tipp: Wenn Sie investieren, also strategisch Geld anlegen, sollten Sie optisch „billige“ Optionen vermeiden oder nur „Spielgeld“ darin investieren.

Zum guten Schluss: Heute vor 243 Jahren, also am 20.04.1767, kam der deutsche Schriftsteller und Satiriker, Karl Julius Weber, zu Welt. Er schrieb: „Der herrschende Ton ist immer der gute Ton, wenn es auch nicht der rechte ist.“ Ich bemühe mich, hier weniger den herrschenden, sondern vielmehr den rechten und trotzdem guten Ton zu treffen. In der Hoffnung, dass es gelingt, grüße ich Sie herzlich.