Gekaufte Optionen haben keine Nachschusspflicht

„Ich wollte ein Depot eröffnen, um mit Optionen zu handeln. Mein Bankberater hat mir jedoch abgeraten, weil es bei Optionen eine Nachschusspflicht gibt.“ E-Mails mit vergleichbarem Inhalt erhalte ich immer wieder. Und dann wird mir die Frage gestellt, ob der Banker Recht hat und ob es bei Optionen wirklich eine Nachschusspflicht gibt.

Da diese Frage zur Nachschusspflicht immer wieder gestellt wird, gehe ich an dieser Stelle gerne darauf ein. Ich sage, wie dazu kommt, dass vor Nachschusspflicht gewarnt wird. Und ich sage, wie es sich damit wirklich verhält.

 

Nachschusspflicht, Definition

Eine Nachschusspflicht kann es bei verschiedenen Unternehmensformen geben, wenn diese z.B. im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde. Unser Thema ist die Nachschusspflicht bei Börsengeschäften:

Kommt es bei einer Geldanlage zu Verlusten, die höher sind als das eingesetzte Kapital, spricht man von einer Nachschusspflicht. Ein Beispiel: Bei CFDs kann es Ihnen passieren, dass Sie 1.000 Euro investieren. Die Position läuft gegen Sie. Das eingesetzte Kapital ist aufgebraucht. Wenn Sie dann nicht rechtzeitig die Reißleine ziehen und aussteigen, verlieren Sie mehr als das eingesetzte Kapital. Und sollte dann die Deckung im Gesamtdepot nicht ausreichen, ruft der Broker Sie an und verlangt die Unterdeckung auszugleichen. Durch die Nachschusspflicht haben Sie mehr Geld verloren, als Sie investiert haben.

 

Gekaufte Optionen sind sicher – Nachschusspflicht zu 100% ausgeschlossen

Bei Optionen (Call Optionen und Put Optionen), die Sie erst kaufen und später verkaufen, gibt es keine Nachschusspflicht. Bei diesen Geschäften ist das maximale Risiko auf den investierten Betrag begrenzt. Davon gibt es keine einzige Ausnahme!

 

Gekaufte Optionen haben keine Nachschusspflicht

Ganz konkret und ganz einfach: Wenn Sie für 500 Euro Optionen kaufen, ist das maximale Risiko auch auf diesen Betrag von 500 Euro begrenzt. Dieses ist das absolut maximale Risiko. Eine Nachschusspflicht ist beim Kauf von Optionen und deren späteren Verkauf (Glattstellung) zu 100% ausgeschlossen. Eine bewusste Wiederholung: Davon gibt es keine einzige Ausnahme!

 

Banken sprechen wider besseres Wissen von Nachschusspflicht

Wie kommt es aber zu dem immer wieder anzutreffenden „Irrglauben“, bei gekauften Optionen gebe es eine Nachschusspflicht? Sicher ist ein großer Teil darin begründet, dass Optionen bankenunabhängig sind. Dadurch werden sie von den Bankern nicht „geliebt“. Denn Banker verkaufen lieber ihre bankeigenen Produkte an denen sie verdienen und deren Kurse sie beeinflussen können.

In meinen Redaktionssprechstunden und in Ihren E-Mails höre und lese ich oft, dass ein Wertpapierberater Ihnen genau mit dem (falschen!) Argument der Nachschusspflicht von Optionen abgeraten hat. Dafür kann es nur 2 Gründe geben:

1. Der Wertapierberater glaubt wirklich, was er sagt. Dann sollte er zurück ins erste Lehrjahr gehen. In einer Wertpapierberatung, die sich am Wohl des Kunden orientiert, hat er nichts zu suchen.

2. Er argumentiert wider besseres Wissen mit der Nachschusspflicht bei gekauften Optionen. Auf gut Deutsch nennt man das dann „Lüge“.

 

Aber „lügen“ Banker?

Nun, in der Ausgabe Nr. 43 des Nachrichtenmagazins „Focus“ vom 20.10.2008, heißt es auf Seite 149: „Bankberater vor Gericht: Sie verwickeln sich in Widersprüche, haben Gedächtnislücken und offenbaren, wie fehlerhaft sie ihre Kunden beraten haben.“ Es folgen Gerichtsprotokolle mit Aktenzeichen, die stellenweise katastrophale Beratungen und regelrechte Falschberatungen per Gerichtsprotokoll dokumentieren.

Wenn es um die nicht vorhandene Nachschusspflicht bei gekauften Optionen geht, offenbaren manche Wertpapierberater zumindest Gedächtnislücken. Wichtige Anmerkung: Diese Aussage darf nicht pauschaliert werden. Natürlich gibt es gute Wertpapierberater. Aber Sie wissen halt nie, wem Sie gerade gegenübersitzen. In Bezug auf Optionen treffen Sie gute Wertpapierberater eher selten an.

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Rechtliche Ausstattung von gekauften Optionen schließt Nachschusspflicht aus

Dass es bei gekauften Optionen keine Nachschusspflicht gibt, leitet sich aus der rechtlichen Ausstattung der Option ab:

Eine Option ist ein rechtlich verbindlicher Vertrag. In der Option wird eine Aktie, eine Ware oder ein sonstiger Vermögensgegenstand (Basiswert) eindeutig festgelegt und beschrieben. In der Option wird festgelegt, zu welchem Preis (Basispreis) der Käufer der Option den Basiswert (als Call-Inhaber) kaufen beziehungsweise zu welchem Preis er den Basiswert (als Put-Inhaber) verkaufen kann. Als Letztes wird noch bestimmt, wie lange diese Option gültig ist, also an welchem Tag sie verfällt (Verfallstag). Die Option gibt ihrem Käufer immer das Recht, nimmt ihn aber nicht in die Pflicht, diesen Handel durchzuführen (die Option auszuüben).

 

Nachschusspflicht auf den Punkt gebracht

Wenn Sie einen Call oder Put kaufen, bezahlen Sie Geld für ein Recht! Sie haben ausschließlich Rechte und keinerlei Pflichten. Dieses Recht können Sie verfallen lassen, ausüben oder möglichst mit Gewinn verkaufen. Das „schlimmste Szenario“ ist das „wertlose Verfallenlassen“. Dann ist das investierte Geld verloren. Aber darüber hinaus haben Sie auch in diesem Fall keine Pflicht, insbesondere nicht die Nachschusspflicht. Es werden Ihnen beim Verfall von gekauften Optionen auch keine Aktien ein- oder ausgebucht.

 

Besonderheit Stillhalter-Geschäfte:
Nachschusspflicht möglich, aber Money-Management schließt sie aus

Mit Optionen sind auch sogenannte „ungedeckte Stillhaltergeschäfte“ möglich. Dabei gibt es das Risiko der Nachschusspflicht. Ungedeckte Stillhaltergeschäfte sind attraktive Investitionen für Anleger, die sich mit Optionen sehr gut auskennen und die wichtige Regeln des Money-Managements beachten.

 

Nachschusspflicht bei Stillhaltergeschäften mit Put Optionen

Wenn Sie bei ungedeckten Stillhaltergeschäften mit Put Optionen einige Regeln des Money-Managements beachten, ist auch hier eine Nachschusspflicht ausgeschlossen.

 

Nachschusspflicht bei Stillhaltergeschäften mit Put Optionen –
Wichtige Regel zum Money-Management

Verkaufen Sie nie mehr Put Optionen als Sie auch bereit und in der Lage sind, Aktien, die Ihnen möglicherweise angedient werden, zu kaufen. Wenn Sie so vorgehen, ist auch hier eine Nachschusspflicht ausgeschlossen.

 

Nachschusspflicht bei Stillhaltergeschäften mit Call Optionen

Bei ungedeckten Stillhaltergeschäften mit Call Optionen gibt es tatsächlich die theoretisch unbegrenzte Nachschusspflicht.

 

Nachschusspflicht bei Stillhaltergeschäften mit Call Optionen –
Wichtige Regel zum Money-Management

Gehen Sie einfach keine ungedeckten Stillhaltergeschäfte mit Call Optionen ein. Punkt.

 

Und für Profis füge ich hinzu:
Natürlich kenne ich die Gewinnchancen bei Stillhaltergeschäften mit Call Optionen.

 

Aber ich empfehle Ihnen ohne Ausnahme:
Kaufen Sie zusätzlich immer einen Call (Long-Call) weit aus dem Geld. Dieser macht aus jedem ungedeckten Stillhaltergeschäft ein gedecktes Stillhaltergeschäft.

Wenn Sie so vorgehen und einige Regeln des Money-Managements beachten, ist auch hier eine Nachschusspflicht ausgeschlossen.

 

Keine Nachschusspflicht für Leser des Option Advisor und Optionen-Profi

Bei den typischerweise von mir empfohlenen Geschäften, Kauf und späterer Verkauf von Call Optionen und Put Optionen, gibt es keine Nachschusspflicht.

Stillhalter-Geschäfte empfehle ich selten. Wenn ich diese Optionen-Geschäfte empfehle, nenne ich Ihnen aber auf den Cent genau das maximale Risiko. Denn dieses ist bei meinen Empfehlungen auf einen Cent genau begrenzt und bekannt. Die oben kurz erwähnten Tipps und Regeln beachte ich strikt und nenne Sie Ihnen gegebenenfalls bei entsprechenden Empfehlungen.

 

Abschließend die klare Aussage zur Nachschusspflicht
für die Leser des Option Advisor und Optionen-Profi:

Bei meinen regelmäßigen Empfehlungen (Kauf und späterer Verkauf dieser Optionen) ist die Nachschusspflicht zu 100% und ohne Ausnahme ausgeschlossen. Sollte ich Ihnen ein Stillhaltergeschäft empfehlen, mache ich das so klar und eindeutig, dass Sie nie auch nur in die Nähe einer Nachschusspflicht kommen können.

Zum guten Schluss: Heute vor 255 Jahren, am 11.01.1755, kam Alexander Hamilton, Politiker und erster Finanzminister der unabhängigen USA, zur Welt. Mit James Madison und John Jay führte er in den Jahren 1787 und 1788 in New Yorker Zeitungen eine politische Diskussion. Die seinerzeit diskutierten 85 Artikel gibt es heute noch als das Buch: „Federalist Papers“.  Unter anderem wurde diskutiert, wie man den Bürger vor dem willkürlichen Zugriff des Staates schützen  kann.

Vielleicht sollte der ein oder andere Politiker mal in die Jahre 1787 und 1788 zurückschauen, meine ich. Denn ich fühle uns ganz und gar nicht geschützt vor der katastrophalen Umverteilung der horrenden Bankenschulden auf uns Steuerzahler durch die so genannten Bad Banks.

Gespannt auf die Eröffnung des Zahlenreigens durch den US-Aluminiumkonzern Alcoa, heute Abend, nach 22 Uhr (MEZ), sende ich Ihnen beste Grüße

 

© Optionen-Investor
Rainer Heißmann
Chefanalyst und Chefredakteur Optionen-Profi

 

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